logischer Exkurs
Angenommen heute gelänge uns der Bau einer Zeitmaschine und wir könnten morgen eine Reise in der Zeit zurück und schließlich nach heute unternehmen. Dann wären wir und einige der notwendigen Hilfseinrichtungen heute doppelt vorhanden. Bestimmte Massen wären verdoppelt und die uns lieb gewonnene Erfahrung der Erhaltung von Masse und Energie nichts mehr wert! Die Möglichkeit, in einer Zeitschleife die Vergangenheit erreichen zu können, verletzt sehr grundlegende Erfahrungen, die wir in unserer Welt gewonnen haben. Offenbar hat uns die Natur prinzipielle unüberwindbare Hindernisse für eine Reise in die Vergangenheit in den Weg gelegt. Die Zeit hat eine Richtung. Es gibt tief liegende Verbindungen zwischen Zeit, Raum und Kausalität.
Viele physikalischen Gleichungen, die die Zeit zur Beschreibung von Abläufen enthalten, erwecken jedoch den Anschein, umkehrbar also rückläufig auch sinnvoll zu sein. Ohne Idealisierung und Einschränkungen hat noch niemand in unserer Welt rückläufige Prozesse beobachten können. Experimente erinnern uns andererseits an Grenzen unseres Verständnisses für den Zeitbegriff in der Quantenwelt und daran, dass sich Wirkungen höchstens mit Lichtgeschwindigkeit ausbreiten sollen. Bestimmte Beispiele sind nach einem Jahrhundert des Nachdenkens nicht wirklich verstanden: Die bekannten Experimente mit Doppelspalten belegen, dass kleine Teilchen die räumliche Umgebung wie Wellen "spüren" und zwar über Distanzen ohne jeden Zeitverzug, bei zwei mit einer Quanteneigenschaft "verschränkten" Teilchen spürt ein entferntes Teilchen die Änderung dieser Eigenschaft des anderen Teilchens ohne Zeitverzug über eine Entfernung hinweg, beim Tunneleffekt mit unvollständiger Totalreflexion überwinden Photonen Distanzen ohne Zeitverzug wie bei der Teleportation verschränkter Photonen. Begriffe wie Welle-Teilchendualismus, Verschränkung von Quantenzuständen, Unbestimmtheitsrelation und Tunneleffekt helfen nicht wirklich zum Verständnis. Eine Informationsübertragung schneller als mit Lichtgeschwindigkeit - was einen Informations - oder Energietransport in die Vergangenheit ermöglichen würde - ist mit solchen Experimenten bisher nicht gelungen.
Erfahrungen - gewonnen durch Auseinandersetzung mit der Natur - bereichern ständig unser Denken und verweisen uns auf Grenzen unserer "Logik". Mit Mitteln der Logik können wir aus vorgegebenen Axiomen (Grundannahmen) ein sicheres Gedankengebäude errichten und auf Wahrheit überprüfen. Die zugrunde liegenden Axiome (wie die Zahlentheorie) in der Mathematik lassen sich damit nicht bestätigen. Die Logik hilft uns nicht wirklich, Grundgesetze der Natur zu verstehen. Die Naturwissenschaft erweitert unsere Erfahrung durch Beobachtung und Messung, bietet keine allgemeingültige Sicherheit für unser daraus gewonnenes Modell der Welt aber beweist seine Gültigkeit in definierten Geltungsbereichen (vergleiche Positivismus). Im Kern ist unser Wissen empirisch. Wir können logisch nicht begründen, weshalb Energie erhalten bleibt oder weshalb Entropie wächst. Wir wissen aber aus all unseren Beobachtungen und Erfahrungen, dass andere Annahmen töricht sind und können auf Basis dieser Kenntnisse sehr komplexe und zuverlässige Maschinen bauen.
Versuchen wir es mit dem beliebten Gedankenspiel, ob eine Reise in die Vergangenheit der Logik widerspricht und schon deswegen unmöglich ist. Es wäre die Kausalität aus unseren Erfahrungen, nicht unbedingt die des Universums.
Ein Mensch hat Zugang zu einer Zeitmaschine. Die soll ohne Unterbrechung schon lange vor seiner Geburt mit ihrer Arbeit begonnen haben. Nun reist er mit ihr in die Vergangenheit hin zu einer Zeit kurz vor seiner Geburt und erschießt seine Mutter. Also könnte er nicht geboren werden, nicht in die Vergangenheit reisen, nicht seine Mutter erschießen, also doch geboren werden, später Schießen lernen, in die Vergangenheit reisen, die Mutter erschießen....
Anscheinend: "Nichts ist möglich oder unmöglich" oder? Logisch!
Die Evolution hat in den kausalen Algorithmus unseres Denkens - ohne dass wir uns dessen bewusst sind - das Vorzeichen der Zeit mit eingetragen: Jedem Ereignis ordnen wir eine vorangehende Ursache zu. Der Mensch hat sich in einer in dieser Hinsicht unveränderten gewohnten Umgebung entwickelt. Wir müssen deshalb vorsichtig sein, wenn für uns selbstverständliche Schlussfolgerungen in einer völlig andersartigen Umgebung gelten sollen. Es gibt Bereiche, die unserer Erfahrung nicht zugänglich sind:
Im Mikrokosmos wird mit kleiner werdenden Maßstäben schließlich alles unscharf, räumlich und zeitlich. Wir gelangen an Gültigkeitsgrenzen der in unserem Gehirn trainierten Kausalität, müssen Wirkungen ohne Ursachen akzeptieren, ebenso dass leerer Raum oder Energie NULL nie dauerhaft existieren können, kleine Objekte nie alles von sich preisgeben, Ort oder Geschwindigkeit, Zeit oder Energie, als Welle oder Teilchen erscheinen, mit jeder Messung einer Eigenschaft sich verändern...
Wir können nur spekulieren, ob innerhalb des Ereignishorizonts eines Schwarzen Lochs oder "vor" dem Urknall und "außerhalb" unseres Universums die uns gewohnte Kausalität gilt. Wenn es "Orte" gibt wie den Ereignishorizont eines Schwarzen Lochs - wo Uhren von uns aus gesehen stehen bleiben - könnte es etwa in seinem Inneren auch Regionen mit relativ zu uns rückwärts laufender Zeit geben. Vielleicht holt sich das Gravitationsfeld dort uns geliehene Aktien zurück?