Suchst du den Grund für deine Anwesenheit, bist du ratlos. Das Leben ist dir geschenkt worden, geschenkt mit einer anfangs unbewussten Hypothek, die du mit deinem Tod einlösen musst. Unser Tod, der Tod aller höheren Lebewesen, ist eine der Voraussetzungen, dass die Evolution des Lebens uns Menschen schaffen konnte. Insoweit verdanken wir auch ihm, dass wir für unbestimmte Zeit Gast auf der Erde sein dürfen. Und was bleibt danach? "Niemals gehen wir ganz", etwas von uns bleibt hier, seien es Gene, flüchtiger noch Erinnerungen...solange sie noch Menschen in sich tragen. Und weil unser Leben unbeständig, so flüchtig und einmalig ist, ist es so besonders.
Angesichts der gewaltigen Tatsachen und Abläufe im Universum erscheinen dein Leben und deine Anstrengungen vergeblich und ganz bedeutungslos. Weder du noch die gesamte Menschheit haben in diesem Rahmen eine Bedeutung. Und wie dir nur eine kurze Zeit geschenkt ist, bleibt auch der Menschheit im Maßstab des Universums nur ein Wimpernschlag vor ihrem Aussterben.
Was für eine Anmaßung, Gott könnte sich ausgerechnet mit meinem Schicksal befassen. So wie die Evolution unser Leben mit egoistisch machenden Genen entworfen hat, halten wir uns aus der subjektiven Perspektive für das Wichtigste im ganzen Universum. Und wir dürfen Mitleid mit uns selbst empfinden, denn unsere Gene erhalten und reproduzieren sich, indem sie sich unseres Körpers, also uns, bedienen. Das Programm unseres Lebens läuft im Genotyp (mit dem Kode unserer Erbanlagen) ab, wird nicht bestimmt durch den Phänotyp (unser Erscheinungsbild als Mensch), wie wir eitel genug wohl lieber glauben möchten. Der Phänotyp "Mensch" dient im Spiel des Lebens der Bewahrung und Entwicklung seines Genotyps. Dagegen erlaubt das menschliche Gehirn, unser Verhalten in der Umwelt ein gutes Stück weit selbst zu bestimmen. Mühen wir uns, es bei diesem wertvollen Tun zu unterstützen! Die Natur hat es jedem von uns in der Erwartung geschenkt, dass wir es schätzen und benutzen, immer.
Das Geschenk Deines Lebens verbindet Dich unlösbar mit
dem Universum und hat Dir die Aufgabe mit auf den Weg gegeben, es zu
"verstehen".
Du selbst bist ein Universum, noch wenig erforscht. Dein Streben nach
Selbsterkenntnis verleiht Dir fast göttliche Fähigkeiten. Kognitives
Denken verleiht uns Menschen ungeahnte Möglichkeiten, fast grenzenlose,
scheinbar losgelöst von unserem zerbrechlichen Körper. Jedoch, die Evolution hat
uns als "vernunftbegabtes Tier" geschaffen und so müssen wir auch in dieser
Hinsicht unsere Rolle akzeptieren. Unsere Erkenntnismöglichkeiten sind
fast unbegrenzt, unsere Kenntnis aber von der Welt wird zu jeder Zeit begrenzt
bleiben. Wir werden nie alles über das Universum als Ganzes, nie alles über die
kleinsten Bestandteile der Welt, nicht einmal über uns selbst verstehen können.
Wir sind die genetischen Erben eines Gehirns, dessen Neuronen immer neue
Verknüpfungen bilden wollen. Neugierig betrachten und erforschen wir die Welt
immer genauer. Und die hält an den Grenzen unseres Wissens immer Überraschendes,
für uns neue Mysterien bereit. Immerhin in den letzten 150 Jahren konnte das Kulturgut "Wissen der
Menschheit" gewaltig erweitert werden. Verbunden damit sind Produktivkräfte
gewachsen und dies setzt sich fort, schafft auch zusätzliches
Forschungspotenzial. Das "Wissen" war schon immer eine Summe aus Wissen
einzelner Spezialisten, ein Gut der Menschheit. Heute ist es durch die
beispiellosen Möglichkeiten der elektronischen Vernetzung aus vielen Datenbanken
viel leichter zugänglich, kann sich in kürzester Zeit weltweit verbreiten und
Suchmaschinen helfen spezielle Informationen an unzähligen Standorten
aufzuspüren.
Unser Gehirn liebt wiederholbare Abläufe. Das spiegelt sich darin wie wir forschen - am liebsten unter reproduzierbaren Laborbedingungen - und wir suchen nach einer dies beschreibenden Theorie. Allerdings markieren Grenzen unsere Erkenntnismöglichkeiten, physikalisch und ökonomisch sichtbar etwa bei der "Weltmaschine" - dem LHC in Genf, mehr über die elementaren Bestandteile der Welt zu erfahren - oder Raumfahrzeugen, um Planetensysteme ferner Sterne erreichen zu können. Schlechte Karten haben wir bei einmaligen Ereignissen besonders solchen, die uns in der Vergangenheit keine Informationen hinterlassen haben. Geburt und Tod etwa sind für uns selbst ultimative Ereignisse, ohne jede Möglichkeit Erlebtes weiterzugeben. Helfer in der Außenperspektive können betrachten und verstehen. Wir aber haben uns in Bescheidenheit zu üben, unsere Kosmologie - das Verständnis des Universums - wird immer nur Innenarchitektur bleiben. Wir leben in einer Innenperspektive. Und mit der Weisheit letztem Schluss ist es wie mit der Waage: Ihr eigenes Gewicht vermag sie nicht zu erkennen. Unzugänglich für Beweisführungen erweist sich für uns die Entstehung der Welt zur Planck-Zeit. Vom späteren Geschehen hinterlassene Botschaften sind unsere einzige Chance. Das Floß unserer Erkenntnis schaukelt auf einem endlosen Ozean der Unwissenheit. Wir dürfen dieses Floß weiter ausbauen und tun dies jetzt mit bisher nie erreichter Geschwindigkeit. Es trägt uns scheinbar immer verlässlicher ohne dass letzte Fragen je beantwortet werden können. Unser wachsendes Wissen zeichnet sich dadurch aus, dass neue Fragen gestellt und auf seiner Basis noch nicht beantwortet werden können. Die Wunder unserer Zeit geschehen dank der geistigen Fähigkeiten und der Großherzigkeit von Menschen.
Schwierig, doch nicht unmöglich, ist der Weg der Gattung homo sapiens aus raren fossilen Artefakten zurück zu verfolgen. Von den Anfängen des Lebens auf der Erde schließlich sind nur winzige Kohlenstoffkügelchen im Sediment zurückgeblieben. Versuche einfachstes Leben im Labor neu entstehen zu lassen, muten noch so hilflos an wie einst Alchimisten Gold herzustellen suchten. Heute scheint besonders die Welt im Bereich kleiner Dimensionen und dabei besonders in vivo - in lebenden Organismen - voller unentdeckter Möglichkeiten zu sein. Gesucht werden dafür zerstörungsfreie Verfahren mit hoher Auflösung und neue Technologien, Entdeckungen werden damit nicht lange auf sich warten lassen.
Unsere Gefühle sind in unseren Körper eingebettet - dem Wunderwerk an Sinnen, Hormonen, Organen ... Und das vernunftbegabte Tier sucht nach Einklang und Harmonie mit seinen Empfindungen und Gedanken. Und es sehnt sich nach dem Gefühl von Glück. Dieser flüchtige Schatz stellt sich ein beim Erreichen eines ersehnten Ziels und bei der Annäherung an Visionen, den vielleicht lang erträumten. Versuchen wir unsere Träume zu leben, seien wir unseres Glückes Schmied, wir können das! Natürlich, Gesundheit hilft uns dabei. Und beherzigen wir den Rat Theodore Dreisers: "Diesen Weg gehe ich nur einmal. Wenn ich also etwas Gutes tun kann - will ich es gleich tun. Ich will es nicht aufschieben noch unterlassen, denn ich komme diesen Weg nicht noch einmal vorbei." Wenn wir Ludwig Feuerbachs Gedanken aufgreifen wollen, "nicht Gott schuf den Menschen nach seinem Bilde, der Mensch schuf Gott nach seinem Bilde", sollten wir hinzufügen: Das Gute nach menschlichen Wertmaßstäben zu tun, liegt an Dir. Etwas vom Göttlichen ist in Dir.
Uns ist die Fähigkeit geschenkt, Kenntnis zu nehmen was ist und wie es ist. Die Suche nach Verstehen ist für uns spannend, zeitgemäßes Abenteuer und Herausforderung zugleich. Auch befriedigt uns der relative Erfolg "etwas verstanden" zu haben und schenkt uns das Gefühl, Zusammenhänge als wertvoll zu empfinden. Martin Walser vertieft es so: "Mit mehr Wissen kann ich meine Lebensangst dämpfen". Kennzeichnend für unseren Wissenszuwachs ist, dass wir früher oder später neue Fragen stellen, die wir noch nicht beantworten können. Fortschritt können wir an Antworten messen und auch daran, welche neuen Fragen wir stellen können, darunter solche, die vor 100 Jahren noch außerhalb aller Gedanken waren. Neues Wissen erlangen beinhaltet auch erkennen neuen Unwissens, dessen wir uns bisher nicht bewusst waren. Letztlich können wir viele Fragen durch wenige grundlegendere ersetzen. Und wir erleben eine neue Qualität in dem Versuch, die Funktion unseres Gehirns mit ihm selbst zu verstehen: eine der Herausforderungen im neuen Jahrtausend. Und die Chancen stehen gut, nicht nur weil ein Gehirn das eines anderen Menschen "von außen" studieren kann. Das Verstehen hat viel mit der Entwicklung von Modellvorstellungen zu tun und die kann ein Gehirn von sich selbst schaffen. Unsere enge Verwandtschaft zu anderen Lebensformen erlaubt ferner, grundlegende Prozesse an ihnen zu erforschen.
Über Anfang und Ende
des Universums werden wir nie "genau" Bescheid wissen können. Zugeben
müssen wir sogar, dass für uns unsicherer geworden ist, "was die Welt im
Innersten zusammenhält". Obgleich wir im 20. Jahrhundert sehr viel entdeckt
und gelernt haben, konnte Newton`s Mechanik zu Goethes Zeit scheinbar
mehr Fragen beantworten. Um so mehr neue Fragen stehen nun an unserem Horizont.
Und prinzipielle Grenzen werden deutlicher: Wir können nicht beliebig kleine Details im
subatomaren Mikrokosmos ergründen, weil dafür Beobachtungsmittel
prinzipiell fehlen, unsere energetischen Ressourcen begrenzt sind. Wir glauben
zwar, die "elementarsten" Teilchen gefunden zu haben, ganz sicher sein können
wir indes nicht, all zu oft glaubten wir schon an das "Unteilbare". Enorm viel haben wir inzwischen über den subatomaren
Mikrokosmos lernen können und dennoch wissen wir nicht, weshalb es gerade diese
Elementarteilchen sind, aus denen die Welt besteht, und eben nicht andere mit
anderer Masse usw. und weshalb so viele andere Teilchen sich - scheinbar
sinnlos ohne "Funktion"- nachweisen lassen. Wir müssen uns wohl abgewöhnen, aus zu
menschlicher
Perspektive formulierte Fragen zu stellen "aus was bestehen wir wirklich?" und
"aus was besteht die Materie im Innersten?" oder auch "woraus entstand unser
Universum und was war davor?" oder etwa "nach dem Sinn unserer Welt" also auch
"weshalb sind wir da?" und "weshalb existiert das Universum?" Für uns ist jede
Tätigkeit
mit Aufwand, Anstrengung und Abnutzung verbunden. Deswegen fragen wir "warum"?
Im Universum gelten solche Kategorien nicht, es kennt keine Mühe und
begründet sich durch seine Existenz aus sich selbst heraus. Es benötigt keine
Begründung, "sich bei uns zu rechtfertigen". Wir Menschen - auch die Menschheit
- sind eine zeitweilige Randerscheinung. Aus der Perspektive des Universums
sind wir absolut bedeutungslos. Trösten kann uns ein
wenig, dass gute Fragen zu stellen, ein Zeichen von Intelligenz ist. Intelligenz
scheint etwas extrem Seltenes und insofern auch etwas ganz Besonderes im Universum zu
sein, vielleicht eher ein zufälliges als ein gesetzmäßiges Ergebnis der
Evolution. Und ohne eine gute Frage wird auch ein intelligentes Wesen nie eine
Antwort finden. Unser Leben erhält für uns auch Sinn in dem Bemühen, das
Universum zu verstehen selbst wenn das nie (in irgend einer Weise "vollständig") gelingen kann:
Allein "der
Weg ist unser Ziel!" In uns wohnt ein Streben nach Offenbarung, die
Mysterien der Welt zu begreifen. Die verdammte Aufgabe wird uns bei der Geburt
mit auf den Weg gegeben. Das kann nie
konsequent gelingen aber wir können die Natur der Welt prinzipiell und zwar
schrittweise ergründen. Das Gehirn ist unser wichtigstes Werkzeug dafür, schwach, weil
von der Evolution für andere Aufgaben ausgestattet, mächtig zugleich, weil es
kognitives Denken, Idealisierung, Phantasie und Kreativität leistet. Weil die
Spezies Mensch im Universum etwas sehr Seltenes und vom Aussterben bedroht ist
sollten wir sie für schützenswert halten!?
Angesichts der Gewissheit des Todes bleibt die Suche nach dem Sinn des eigenen Lebens eine Herausforderung, jeden Tag neu zu beantworten, unaufschiebbar, weil die Zeit nur ein Vorzeichen hat, nichts kann rückgängig gemacht werden.